Nutzerorientiert, wirkungsvoll und kostenmoderat – der Geschäftsbericht der Zukunft?
70 Prozent der Online-Geschäftsberichte sind Hybrid-Berichte. Print-Berichte hingegen sind auf dem absteigenden Ast: 2020 werden nur noch 28 Prozent angeboten 1. Das hat auch einen Grund!
Ein hybrider Geschäftsbericht bietet die Chance, seine Leserschaft mit ihren Ansprüchen und Bedürfnissen abzuholen und zu erreichen. Denn die Anforderungen an einen Geschäftsbericht fallen sehr unterschiedlich aus. Aber was wollen Nutzer*innen wirklich und warum finden sie gerade das in einem Hybrid-Bericht? Was ist überhaupt ein hybrider Geschäftsbericht und wie sieht es mit den Kosten aus? Antworten gibt’s hier.
Was wollen Nutzer*innen eigentlich?
Die MPM-Studie zu Crossmedialen Geschäftsberichten unterscheidet zwei Arten von Nutzer*innen:
- Funktionale Nutzer*innen: Diese greifen häufiger im Laufe des Jahres auf den Geschäftsbericht zu und bevorzugen daher eine funktionale und effiziente Nutzung. Ihre Devise lautet: Schnell an die gewünschten Informationen kommen, ohne aufwendig danach suchen zu müssen. Hier können Unternehmen mit digitalen und mobilen Formaten punkten. 2
- Spielerische Nutzer*innen: Der Geschäftsbericht wird von dieser Gruppe gründlich und einmalig gelesen. Die inhaltliche und optische Qualität ist entscheidend und nicht die schnelle Auffindbarkeit von verschiedenen Inhalten. Hierbei handelt es sich um analoge Nutzer*innen. 3
Innerhalb der Nutzer*innen gibt auch eine wichtige Gemeinsamkeit: Der Geschäftsbericht ist für beide als Informationsquelle relevant. Alle Befragten nutzen den Geschäftsbericht. 4
Was ein hybrider Geschäftsbericht ist
Wie das Wort „hybrid“ schon verrät, werden hier zwei Komponenten miteinander kombiniert: Microsite und interaktives PDF. Als Einstieg in den Bericht dient die Microsite. Hier werden alle Informationen gebündelt und zur Verfügung gestellt. Relevante, vertiefende Informationen können als PDF heruntergeladen werden. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Aufbereitung – je nach Budget und Aufwand.
Und wie kommen nun die Nutzer*innen auf deren Kosten?
Spielerische Nutzer*innen bewegen sich gern entdeckerisch und interessiert auf der Microsite. Sie möchten qualitative Inhalte lesen, wie z.B. einen Nachhaltigkeitsbericht oder den Imageteil. Hierzu lassen sich gut auch Inhalte der Unternehmenswebsite verlinken. Beispielweise vergangene Berichte zum Thema Sponsoring oder Nachhaltigkeit. Diese Nutzer*innen wünschen sich auch einen grafisch aufbereiteten Bericht als PDF.
Ganz andere Anforderungen setzen die funktionalen Nutzer*innen an das PDF: schnelle Auffindbarkeit und Abrufbarkeit gewünschter Informationen, einfache und bekannte Handhabung. Zusätzliche Excel-Listen lassen sie wohl im siebten Himmel schweben. 😉 Ebenfalls im Sinne dieser Nutzer*innen ist die zusätzliche Bereitstellung von Teil-PDFs, in denen z.B. Aktionärsbriefe oder Kennzahlen separiert werden. Für die Funktionalität des Hybrid-Berichts ausschlaggebend ist die Suchfunktion in Web und PDF. Besonders die funktionalen Nutzer*innen kommen hier auf ihre Kosten, da die Informationen schnell und unkompliziert zu erreichen sind.
Häufigkeit der Nutzung
40 % der Befragten geben an, dass sie den Geschäftsbericht im Laufe des Jahres nur einmal nutzen. 25 % nutzen den Bericht ca. 3 bis 6 Mal im Jahr. 5
33 % der Befragten investieren nur rund 5–15 Minuten in die Lektüre des Geschäftsberichts. Und 27 % sogar weniger als 5 Minuten. 6
Insgesamt schenkt die Leserschaft dem Bericht demnach nicht besonders viel Zeit. Noch ein Grund einen hybriden Geschäftsbericht anzubieten und es seinen Leser*innen einfach zu machen.
Wie häufig nutzen Sie den Geschäftsbericht eines Unternehmens durchschnittlich im Laufe eines Jahres?
Wie viel Zeit investieren Sie durchschnittlich in die Lektüre des aktuellen Geschäftsberichts eines Unternehmen?
Beispiele von hybriden Geschäftsberichten
Der Geschäftsbericht 2020 der Melitta Group – mit klarem Fokus auf Image
Es finden sich alle Inhalte gebündelt auf der Microsite sowie zum Download als PDF wieder. Ebenfalls lassen sich PDFs der Teilbereiche finden, wie z.B. den Mitarbeitergesprächen. Das entwickelte Konzept „Join Impact“ lässt den ganzen Bericht zu etwas Besonderem werden. Animationen, Grafiken und ein modernes Design laden die spielerischen Nutzer*innen ein. Besonderes Gimmick: das interaktive „Quiz des Jahres“. Hier geht es zum Bericht: report.melitta-group.com/geschaeftsbericht-2020/
Der „wohltuende“ Geschäftsbericht 2021 der Stadtwerke am See
Wie kann ein trockener Geschäftsbericht bitte wohltuend sein? Aber das ist er wirklich. Da wollen wir gar nicht zu viel verraten. Es lohnt sich einfach reinzuklicken: 2021.swseebericht.de. Hybrid wird er durch den ausgelagerten Zahlenteil als PDF zum Download.
Der Geschäftsbericht 2020 von Hugo Boss – elegant und stilvoll
Auch hier finden sich alle Inhalte auf der Microsite und als PDF wieder. Auf den jeweiligen Unterseiten kann auch jedes Kapitel separat heruntergeladen werden. Im Gegensatz zu Melitta setzt Hugo Boss hier aber nicht auf Stories. Besonders ist allerdings die Darstellung der Highlights: Hier werden vorhandene Pressemitteilungen in der Timeline gebündelt. Und hier geht’s zum Geschäftsbericht: https://geschaeftsbericht-2020.hugoboss.com/
Konzept und Design verleihen den individuellen Fußabdruck
Sowohl auf der Microsite als auch im interaktiven PDF lassen sich Konzept und Design realisieren. Der Spielraum ist hier besonders hoch: „Interaktive Elemente (sind) weiterhin ein Muss: Ganz vorne sind Verlinkungen ins Web (…) Visuelle Elemente, wie Grafiken und Videos, haben hier deutlich zugenommen.“7 Durch die ansprechende Aufbereitung verleihen sie dem hybriden Geschäftsbericht ein individuelles Image und bieten gleichzeitig einen echten Mehrwert für die Zielgruppen. Warum? Weil er beide Leseerwartungen der spielerischen und funktionalen Nutzer*innen erfüllt.
Zwar kein hybrider Geschäftsbericht, aber ein gutes Beispiel für ein individuelles Konzept in einem Bericht, bietet übrigens der Jahresbericht der Stadtwerke Stade: Dieser Auftritt tanzt aus der Reihe
Die gute Nachricht zum Schluss: Das Budget ist variabel
Wie bereits erwähnt, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten in einem hybriden Geschäftsbericht. Nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“ lässt sich frei variieren: Imageteil, Storytelling, Videoeinbindung, Animationen, ganze oder separierte PDFs, welche Inhalte werden auf der Microsite angeboten, welche nur als PDF? Somit lässt sich wohl für nahezu jedes Budget eine Umsetzungsmöglichkeit finden.
- Center For Research in Financial Communication an der Universität Leipzig, Niedhart Schön und mms solutions. 2021. ORP2021 – Online-Report-Perspektiven. Eine Studie zur Entwicklung der digitalen Berichterstattung von deutschen und Schweizer Unternehmen. Frankfurt, Hamburg, Leipzig, München, Zürich. S. 06 ↩︎
- Vgl. in: Prof. Dr. Christian P.-Hoffmann, Sandra Tietz, M.A., Jan Reinholz, Phillip Mann. 2019. MPM Corporate Communication: Center For Research in Financial Communication: Crossmediale Geschäftsberichte. Von Sendern und Empfängern – wie zielgruppengerecht publizieren Unternehmen? 1.Auflage. Mainz, Düsseldorf, Leipzig. S. 32 ↩︎
- Vgl. in: Ebd. S. 32 ↩︎
- Prof. Dr. Christian P.-Hoffmann, Sandra Tietz, M.A., Jan Reinholz, Phillip Mann. 2019. MPM Corporate Communication: Center For Research in Financial Communication: Crossmediale Geschäftsberichte. Von Sendern und Empfängern – wie zielgruppengerecht publizieren Unternehmen? 1.Auflage. Mainz, Düsseldorf, Leipzig, S. 11 ↩︎
- Ebd. S. 19 ↩︎
- Ebd. S. 18 ↩︎
- MPM2 Trendmonitor 2021. MDAX-Geschäftsberichte, MEDIENPORTFOLIO, CONTENSTRATEGIEN, NACHHALTIGKEIT – DIE REPORTING-TRENDS. S. 30 ↩︎