Barrierefreiheit Praxistipps

Barrierefreiheit online umsetzen: Tipps und Einblicke aus einem Praxis-Interview

VKU-Web-Seminar Digitale Barrierefreiheit 2025

Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland stoßen auf Barrieren bei der Webnutzung. Für Stadtwerke und Energieversorger wird digitale Barrierefreiheit bis Juni 2025 Pflicht. Wir geben wertvolle Einblicke und Tipps.

Auf pinkem Hintergrund sind zwei runde Bilder von Lara Jochim und Anna Rösener abgebildet – Beraterinnen für digitale Barrierefreiheit bei Concept-Design Heumann. Über bzw. unter den Bildern stehen die Namen der Frauen.

1. Relevanz und Grundlagen der digitalen Barrierefreiheit


Hallo Lara, hallo Anna, für wen ist euer Vortrag interessant?

Anna: Im Prinzip für alle Marketingverantwortlichen von kommunalen Unternehmen, die eine Website betreiben.

Kurz erklärt: VKU ist die Abkürzung für Verband kommunaler Unternehmen, dazu gehören beispielsweise Stadtwerke und Stadtreinigungen.

Was sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende mit nach Hause nehmen?

Lara: Grundlegende Informationen zum Thema Barrierefreiheit und hoffentlich ein Verständnis dafür, wie wichtig das Thema ist. Außerdem Basisinfos rechtlicher Natur. Welche Gesetze und Verordnungen treten in Kraft? Was ist das BFSG und wen betrifft es? Und so weiter.

Anna: Am Ende des Seminars sollte klar sein, welche Schritte man unternehmen kann. Dazu gibt es auch anschauliche Praxisbeispiele von Hamburg Wasser und der Berliner Stadtreinigung.

Am 28. Juni tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Wie beurteilt ihr den aktuellen Stand der Websites kommunaler Unternehmen?

Lara: Das ist pauschal schwer zu beurteilen. Wir stellen aber fest, dass sich im letzten Jahr viel getan hat. Es gibt inzwischen deutlich mehr Stadtwerke, die immerhin schon eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf ihrer Website haben. Das zeigt, dass das Thema in den Fokus gerückt ist. Inwieweit die Barrierefreiheit dann auch umgesetzt und geprüft wurde, ist natürlich noch eine ganz andere Frage.

2. Praktische Umsetzung und Prüfverfahren


Für eine Erklärung zur Barrierefreiheit muss man sich schon intensiv mit dem Thema beschäftigen oder?

Anna: Ja, aber man kann durchaus vorab eine Erklärung schreiben, die darauf hinweist, dass gerade an der Barrierefreiheit gearbeitet oder dass diese geprüft wird. Die Prüfstellen sind momentan so ausgelastet, dass das Verfahren etwas länger dauern kann.

Lara: Mit der Erklärung der Barrierefreiheit kann man aber immerhin schon mal zeigen, dass man das Thema im Blick hat.

Und wie funktioniert eine Prüfung der Barrierefreiheit? An wen kann man sich wenden?

Anna: Ein Weg ist, dass man selbst aktiv wird und ein Unternehmen mit der Prüfung der Website beauftragt. Das Ergebnis kann als Entscheidungshilfe genutzt werden, ob eine Anpassung der Website ausreicht oder ein Relaunch sinnvoll ist.

Lara: Es kann aber auch sein, dass die zuständige Behörde, die eine gewisse Anzahl von Websites pro Jahr prüft, eine Prüfung veranlasst. Diese Prüfungen beziehen sich allerdings auf die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0), welche für Öffentliche Stellen und kommunale Unternehmen schon länger gültig ist. Im Vortrag geht es vorrangig um das neue BFSG. Der Unterschied zwischen BITV und BFSG wird im Rahmen des Seminars erläutert.

Was sind Defizite im Bereich der Barrierefreiheit, die man auf einer Website sofort erkennt?

Lara: Auf einer barrierefreien Website kann man sich mit der Tabulator-Taste durch interaktive Elemente wie Menüs, Links und Buttons klicken. Wenn das nicht funktioniert, weiß man, dass der Betreiber sich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

Anna: Ein Problem, das auch auf den ersten Blick erkennbar ist, sind fehlende Kontraste. Häufig werden zum Beispiel Texte, die nur ergänzende Infos bieten hellgrau gestaltet. Im Sinne der Barrierefreiheit ist das leider ein absolutes ein NoGo.

Lara: Ein weiteres Anzeichen ist das Fehlen des Fokus-Styling. Das wurde lange Zeit von Webentwicklern entfernt, weil sie es nicht schön fanden, wenn ein ausgewähltes Element mit einem Rahmen versehen wird. Um sich per Tastatur durch die Website zu bewegen und zu wissen, wo man sich gerade befindet, ist es aber unerlässlich.

3. Technische und gestalterische Herausforderungen


Mit der Tastatur navigieren, da können sich viele bestimmt nur wenig drunter vorstellen?

Lara: Dann sollte man sich auf jeden Fall anmelden, denn wir zeigen an praktischen Beispielen, was das bedeutet und was man beachten muss.

Was ist die größte Barriere bei der Umsetzung digitaler Barrierefreiheit?

Anna: Zum einen fehlt das Wissen, dass es so etwas überhaupt gibt. Zum anderen die Informationsflut, die zu einer Überforderung führt. Wir kennen das alle, wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll, verfällt man schnell in eine Art Lähmung.

Lara: Ein weiteres Problem ist sicher auch, dass die Wichtigkeit des Themas noch nicht erkannt und anerkannt wird. Oft geht man in den inneren Widerstand, wenn man das Gefühl hat, von außen etwas aufgebürdet zu bekommen. Dabei bietet digitale Barrierefreiheit viele Vorteile, die dafür sprechen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Anna, kannst du uns drei Punkte nennen, die für die Gestaltung einer barrierefreien Website unerlässlich sind?

Anna: Wie schon gesagt, die Kontraste sind superwichtig. Dann Typografie, das heißt die Auswahl der geeigneten Schrift und Schriftgröße. Und schließlich die Größe von Schaltflächen und interaktiven Elementen.

Lara, welche drei Bausteine sind aus technischer Sicht von größter Bedeutung?

Lara: Das Fokus-Styling und damit die Bedienbarkeit aller interaktiven Elemente über die Tastatur. Das ist auch laut WCAG ein Grundkriterium für Barrierefreiheit. WCAG steht für den international gültigen Standard der Web Content Accessibility Guidelines.

Zweitens müssen assistive Technologien wie Screenreader die Bausteine der Website klar und vollständig erfassen und interpretieren können. Dafür ist es unter anderem wichtig, Schaltflächen korrekt zu benennen. Das gleiche gilt für Bilder, die über Alternativtexte beschrieben werden. Wenn der Alternativtext eines Bildes „Herr Müller“ ist, dann bringt das einem Menschen, der nichts sieht, nicht viel. Herr Müller und das, was er gerade tut, sollte beschrieben werden.

Dritte Voraussetzung ist eine saubere HTML-Struktur, durch die beispielsweise eine Headline auch als Headline ausgewiesen wird. Nur so ist es möglich, von Headline zu Headline springen.

Kurz erklärt: Assistive Technologien sind Soft- und Hardware-Lösungen, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, digitale Angebote wie Software, MobileApps oder Webseiten zu nutzen. Das sind z.B. Screenreader, die unsichtbaren Inhalt vorlesen. Vorgelesen wird der sogenannte Alternativtext, der ein digitales Bild beschreibt.

4. Erste Schritte und weiterführende Maßnahmen


Angenommen, ich bin für die Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit verantwortlich. Was ist mein erster Schritt?

Anna: Am besten sofort zum Vortrag anmelden 😉 Auf jeden Fall sollte man erstmal die Agentur, die die Website betreut, ansprechen und feststellen, inwieweit die bei dem Thema unterstützen können. Dann ist es sicherlich auch nützlich mit dem Anwalt zu sprechen, um die rechtliche Lage zu sondieren.

Abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung, gibt es Vorteile, die für eine barrierefreie Website sprechen?

Lara: Da fällt mir als erstes die Suchmaschinenoptimierung ein. Barrierefreie Websites sind besser strukturiert, verwenden sauberen und semantisch korrekten Code, wodurch sie von Suchmaschinen leichter indexiert und höher bewertet werden.

Anna: Ein weiterer Vorteil ist die verbesserte Benutzerfreundlichkeit, da eine klare Navigation und verständliche Inhalte für ALLE hilfreich sind und die Verweildauer und Conversion-Rate erhöhen können. Ohnehin ist ein barrierefreier Auftritt für die Glaubwürdigkeit von Unternehmen wichtig, die sich Inklusion und soziales Engagement auf die Fahne geschrieben haben.

Kurz erklärt: Die Conversion Rate zeigt die Aktivitäten der Besucher auf einer Webseite an, genauer gesagt den Anteil der Besucher, die ein Produkt kaufen oder etwas herunterladen oder ausfüllen.

Ok, ich erkenne den Nutzen und sage, digitale Barrierefreiheit brauchen wir sofort. Ist es dann nicht am einfachsten, ein Overlay-Tool zu kaufen?

Lara: Man kann das Geld gerne ausgeben und ein Overlay-Tool installieren. Fakt ist aber, dass eine Website ohne Overlaytool barrierefrei sein muss, ansonsten ist die Anforderung nicht erfüllt. Vielleicht ändert sich das noch einmal, aber zum jetzigen Zeitpunkt macht ein Overlaytool eine Website nicht barrierefrei.

Kurz erklärt: Ein Overlay-Tool ändert den Code im Browser, wodurch Nutzer individuelle Einstellungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit vornehmen können.

5. Seminar und Support


Kann man sich noch zum Web-Seminar anmelden?

Anna: Auf jeden Fall, es sind noch ein paar Plätze da.

Und wenn ich am 30.01.2025 keine Zeit habe, was mache ich dann?

Lara: Auf Anfrage erklären wir die wichtigsten Punkte gerne in einem persönlichen Meeting. Oder man hält beim VKU nach dem nächsten Seminar-Termin Ausschau.

Welchen Support bietet ihr den Unternehmen?

Anna: Auf jeden Fall beratende Unterstützung inklusive einer Basisprüfung, aus der eine Empfehlung abgeleitet wird. Falls schon der Gedanke da ist, die Website zu überarbeiten, bieten wir auch Unterstützung bei der Leistungsbeschreibung in der Angebotsphase. Die ist die Voraussetzung, um Angebote seriös vergleichen zu können.

Lara: Letztendlich unterstützen wir natürlich auch gerne bei der Konzeption, Gestaltung und Umsetzung einer barrierefreien Website.

Zwei Frauen stehen nebeneinander und schauen freundlich. Die linke Frau ist blond und trägt eine blaue Bluse. Die rechte Frau ist dunkelhaarig und trägt eine braune Bluse.

Anna und Lara freuen sich auf Sie!


Hier finden Sie weitere Infos und können Sich direkt anmelden:

VKU-Web-Seminar Digitale Barrierefreiheit 2025.
Am 30. Januar 2025 von 9 Uhr bis 12.15 Uhr.

Lara Jochim ist bei Concept Design Heumann als Mediengestalterin für die technische Umsetzung von Websites zuständig
Anna Röseners Fachgebiet als Mediengestalterin ist Konzeption und Webdesign

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